In Anlehnung an den Post von Herrn Eger habe ich mir gedacht, dass man doch gleich mal die Gelegenheit beim Schopfe packen und hier etwas Action veranstalten sollte. Das Problem, das dieser Blog nämlich hat, ist, dass eigentlich nicht wirklich was passiert ist bisher. Und weil mir Action allein und nur für eine Person irgendwie etwas einsam und nicht im Sinne des Blogs erscheint, freut mich der Lösungsansatz von Herrn Eger, einfach mal ein Thema zu benennen, doch schon sehr.
Also: Kommt die Lösungsorientierung eigentlich problemlos ohne Probleme aus?
Hier auch von mir ein paar Überlegungen zu der Frage, ob Soziale Arbeit ohne Probleme auskommt: Regelmäßiger Anlass und Ausgangspunkt ist in der Sozialen Arbeit eine Ist/Soll-Diskrepanz, die beschrieben wird. Damit verbunden sind – ob explizit oder implizit – wirkmächtige Konstruktionen, wer für Probleme bzw. Lösungen als verantwortlich markiert wird. Wer ist für die Stromschulden verantwortlich: Die Eltern, die Stadtwerke, die armutsverschärfende Politik? Und wer für den Nachscheidungskonflikt: Der oder die Ex-PartnerIn oder man/frau selber? In den Anlässen für Soziale Arbeit, KlientInnen lösungsorientierte zu interviewen, kann eine für KlientInnen sehr zieldienliche und hilfreiche Unterstützung darstellen. Sie sollte m.E jedoch verbunden werden mit der Reflexion der Form der Komplexitätsreduktion und der Annahme oder Ablehnung von Adressierungen und De-Adressierungen im Spiel der Verantwortungszuschreibung. Vielleicht arbeitet die eigene Organiation ja bereits parallel an Portalen für die Bearbeitung von als problematisch beschriebenen Relationen, die einladen, Gelegenheiten für die Arbeit auch zwischen Personen und Systemen zu nutzen. Wenn das funktioniert: Mehr davon!
Die Diskrepanz zwischen Ist und Soll wird ja auch von Staub-Bernasconi als Ausgangspunkt für ihre Ausführungen zur Sozialen Arbeit betrachtet. Nun stellt sich aus meiner Sicht tatsächlich die Frage: Was leitet den Blick ? Betrachte ich als Ausgangspunkt Sozialer Arbeit Problembeschreibungen oder eher die Entwicklung personaler und sozialer Systeme ? Dass Problembeschreibungen häufig in der Praxis Sozialer Arbeit als Ausgangspunkt betrachtet wird, ist aus meiner Sicht eine der wesentlichen Fehlstellungen (auch in gesetzlichen Normierungen bspw. zum § 27 SGB VIII). Ein Blick, der allerdings durch die Entwicklungsperspektive personaler und sozialer Systeme geleitet wird, ermöglicht zügig die Wendung auf und zu Ressourcen sowie Zielen.
Ob als Ausgangspunkt Sozialer Arbeit Problembeschreibungen oder eher die Entwicklung personaler und sozialer Systeme angesehen werden, ist auch davon abhängig, wie in den Auseinandersetzungen um Ressourcen für Soziale Arbeit semantisch agiert wird. Ohne Problem kein Geld für die Organisation und praktische Arbeit. Auch eine Entwicklungsperspektive kommt vielleicht nur schwer ohne Beschreibung von Diskrepantem aus. Dass eine Problemfokussierung dann auf Interaktionsebene eine zügige Wendung auf Ressourcen und Ziele erschweren kann, muss nicht zwangsläufig der Fall sein, wenn Kontexterweiterungen vollzogen und eben Ressourcen fokussiert werden. Nachdenkenswert finde ich im Zusammenhang dieser Diskussion die Frage der Individualisierung sozialer Problemlagen. Z.B. im Schulverweigerungsprojekt habe ich erfahren, wie es um die Möglichkeiten und Grenzen stand, von einem als Problem definierten Verhalten eines Jugendlichen an einem Mandat zu arbeiten, das die Kopplung zur Schulentwicklung mitberücksichtigte.
Soziale Arbeit hat sich nach m. E. in vieler Hinsicht infolge der Problemorientierung in ein Ghetto begeben, das tatsächlich eine Problemdefinition ( bspw. bei den Hilfen zur Erziehung) für die Gewährung der Hilfe voraussetzt. Sinnvoll wäre es daher, die gesetzliche Norm senso eines Entwicklungsgeschehens umzuformulieren. Lösungsorientierte Soziale Arbeit sollte an der Stelle mit innovativen Juristen an einer Novellierung des Gesetzes (§ 27 SGB VIII) arbeiten. Schüler werden schließlich auch infolge der Entwicklungserfordernis von Schulpädagogen in Grundschulen gefördert und nicht aufgrund des „Problems“, dass sie nicht lesen und schreiben können. Zum Glück müssen Erstklässler nicht „nachweisen“, dass sie nicht lesen und schreiben können.
wieso kommt eine entwicklungsperspektive nicht ohne eine diskrepanz aus? diese these verstehe ich nicht aber evtl liegt es an der unernsten feierabendstimmung und meinem gefühl dass lösungsfokussierung eventuell nicht viel mit systemtheorie zu tun hat 😉
zudem geht ja weniger darum dass in der lösungsfokussierung problemkonstruktionen nicht wahrgenommen, benannt oder gar tabuisiert werden müssten…es geht nur schlicht um die reflexion was sprache, aufmerksamkeitseinengung etc. mit unserer wahrnehmung macht…also sogenannte probleme nicht als verführung zur problemtrance/ problemrekonstruktion zu nutzen…sondern lieber ein stattdessen…
lebendigkeit entsteht aus diskrepanz? evtl entsteht diskrepanz aus unlebendigkeit? ach was weiss ich…feyerabend